Die Ergebnisse politischer Entscheidungsfindung sind in den Nachrichtenmedien allgemein zugänglich. Aber wie kommen diese Entscheidungen zustande? Wie laufen politische Prozesse in der Regierung ab, und welchen Chancen auf Umsetzung haben die Reformanträge im Bauministerium? Der Politik-Journalist Michael Bröcker, Chefredakteur bei Table.Media, gab erkenntnisreiche Einblicke in den Berliner Machtapparat. Die Eingangsfrage von Nadin Heinich „Kann man mit Wahrheit Wahlen gewinnen?“ beantwortete er lakonisch mit nein.
Sein ernüchterndes Fazit: Der Politik fehlt eine einheitliche Analyse der momentanen Multikrise und: Die Einführung des „Gebäudetyp-e“ in das Baugesetzbuch wird wegen unterschiedlicher Parteiinteressen wohl nicht mehr in dieser Legislaturperiode gelingen, weil unsere Spitzenpolitiker um Schuldenbremse und den Ausbau regenerativer Energien zanken und keine Partei die Lösung der Wohnungskrise auf seiner Prioritätenliste führt. Nicht einmal im Bauministerium hätte das Bauen Priorität. Viele Politiker hätten ja gute und kontroverse Ideen, äußern die aber erst in Talkshows und Interviews, wenn sie nicht mehr selbst im Amt sind. Bröckers Kritik richtete sich aber auch an die im Saal anwesende Bau- und Immobilienbranche: Die Interessenvertretung in Berlin sei zu undurchsichtig und verzweigt. Wenn die Bauministerin ein Anliegen hat, stehen 40 verschiedene Verbände da, die wenig untereinander kommunizieren, geschweige denn mit einer Stimme sprechen. Andere Branchen sind viel strukturierter und damit politisch schlagkräftiger.
„Die zentrale soziale Frage – und für mich ist es auch eine Freiheitsfrage längst geworden, die zentrale soziale Frage des 21. Jahrhunderts, nämlich: wie und wo leben wir eigentlich morgen – werden wir dann nicht lösen können, wenn diese Branche sich nicht auch an die eigene Nase packt und deutlich prägnanter wird.“
Michael Bröcker, AM 24
Zur Person:
Michael Bröcker ist einer der profiliertesten Politik-Journalisten in Deutschland. Seit Januar 2024 ist er Chefredakteur bei Table.Media, das mit seinen Professional Briefings Entscheider in Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Verwaltung adressiert. Zuvor war der studierte Volkswirt von 2019 bis 2023 Chefredakteur bei ThePioneer sowie von 2014 bis 2019 Chefredakteur der Rheinischen Post.
Mit seiner Expertise beleuchtet Bröcker kritisch die Arbeit der Bundesregierung sowie die Machtarchitektur in den Parteien. Als Kommentator aktueller Entscheidungen in Politik und Wirtschaft bereichert er regelmäßig Talkshows wie Markus Lanz, maischberger oder die Phoenix Runde.
Michael Bröcker ist Mitglied des Kuratoriums des Internationalen Journalistenprogramms (IJP) und Mitglied der Jury für den Arthur F. Burns Journalistenpreis.